Schuldgefühle, wer kennt sie nicht? Doch was ist Schuld, woher kommt sie, und wie gehen wir am besten damit um? Genau darum wird es in diesem Blogartikel gehen.
Beginnen wir mit der fundamentalsten aller Fragen: Was ist Schuld? Das Gefühl der Schuld ist ein psychologischer Vorgang, bei dem versucht wird, durch eine Last, die man sich selbst auferlegt hat, eine Tat unserer Vergangenheit wieder gutzumachen. Oft wird Schuld mit einer äußeren Konsequenz verwechselt, wie etwa bei einem Mörder, der vor Gericht schuldig gesprochen wird. Dies hat jedoch nicht viel mit dem zu tun, was Schuld wirklich ist, und ist nur ein gesellschaftliches Konstrukt, dass erschaffen wurde, um die Gesellschaft zu schützen. Schuld ist also nichts, was uns von außen auferlegt wird; es ist etwas, was wir uns irgendwann selbst auferlegt haben, im Glauben, für das, was wir getan haben, büßen zu müssen. Dieser Vorgang kann von der Psyche nicht beeinflusst werden, da er auf einer tieferen Ebene abläuft. Wenn zum Beispiel ein Mensch, der von seiner Gefühlswelt abgeschnitten ist, etwas tut, was nicht seinem wahren Wesen (seiner Seele) entspricht, wird sich seine Seele diese Last auferlegen, unabhängig von dem, was der Mensch in seinem Wachbewusstsein darüber denkt.
Es lässt sich beobachten, dass Menschen, die in hohem Maße mit Schuldgefühlen zu kämpfen haben, oft nicht zwischen Schuld und Verantwortung unterscheiden können. Für sie ist das Übernehmen von Verantwortung in gewissem Maße mit dem Schuldigsein verknüpft. Wenn wir uns jedoch von der selbstauferlegten Bürde unserer Vergangenheit befreien wollen, ist es zwingend notwendig, diese Aspekte klar trennen zu können. Verantwortung ist absolut notwendig, um ein Leben zu führen, das im Einklang mit sich selbst und seinen Mitmenschen steht. Schuldgefühle hingegen verändern nichts an dem, was wir bereits getan haben.
Als Beispiel nehmen wir Folgendes: Wir sind mit dem Auto unterwegs, und plötzlich taucht ein Fahrradfahrer auf, den wir unabsichtlich anfahren. Beim Sturz bricht sich der Fahrradfahrer den Arm. Verantwortung zu übernehmen heißt in diesem Fall, dass wir den Rettungsdienst alarmieren und uns sofort um das Wohlergehen des gestürzten Fahrradfahrers kümmern. Ob in dieser Situation Schuldgefühle involviert sind oder nicht, hat keinen Einfluss auf das Wohlergehen des gestürzten Fahrradfahrers und kann sogar negative Auswirkungen haben, da unser Handlungsspielraum durch das Gefühl der Schuld eingeschränkt ist.
Wir sehen also, dass Verantwortung zwingend nötig ist, während Schuldgefühle zu keinerlei Verbesserung einer scheinbar schlimmen Situation führen.
Doch was tun wir, wenn diese Gefühle trotzdem da sind und wir ihnen scheinbar hilflos ausgeliefert sind, obwohl wir die Zusammenhänge der Schuld rational verstehen können?
Der erste Schritt besteht darin, Schuld und Verantwortung zu trennen. Doch wie geht das? Wir müssen damit beginnen, uns in jedem Moment, in dem wir mit Schuldgefühlen konfrontiert werden, klarzumachen, dass wir selbst diese Schuld gerade fühlen wollen. Sie existiert in gewissem Maße nur in uns und findet niemals außerhalb von uns statt. Wenn wir dies immer wieder tun, wenn diese Gefühle da sind, wird sich in uns etwas Fundamentales verändern. Da wir uns darüber im Klaren sind, dass wir selbst diese Gefühle erzeugen, wird es uns mit der Zeit absurd erscheinen, weiterhin an dem Gefühl festzuhalten. Unsere Psyche wird automatisch damit beginnen, die Schuld aus einer distanzierten Perspektive zu betrachten, und die Opferrolle, in die wir uns bis dato gegeben haben, löst sich auf. Wir sind uns darüber im Klaren, dass nur wir selbst es sind, die sich beschuldigen.
Der zweite Schritt ist die Selbstvergebung und das vollständige Übernehmen der Verantwortung für unsere Taten. Wenn der erste Schritt in unserem Leben etabliert wurde und wir dazu in der Lage sind, die Situationen, für die wir uns bis dato be-schuldigt haben, aus einer Sicht zu betrachten, in der wir zwischen Schuld und Verantwortung unterscheiden können, geht es darum, die vollständige Verantwortung zu übernehmen. In diesem Prozess werden wir das Gefühl haben, eine Last auf uns genommen zu haben, die wir kaum tragen können. Doch genau dies ist ein wichtiger Schritt in diesem Prozess. Wenn wir so weit sind und die Verantwortung übernommen haben, geht es darum, uns selbst zu vergeben. Wir müssen dabei erkennen, dass unsere vergangenen Taten unserem damaligen Bewusstseinszustand entsprachen und wir in gewissem Maße nicht anders hätten handeln können. Wir nehmen diese Erfahrung als Lernaufgabe hin und lernen aus dem, was damals passiert ist, um in einer zukünftigen Situation konstruktiver handeln zu können. Wir vergeben uns selbst und akzeptieren alles, was war.
Wenn wir dies wahrhaftig getan haben, wird sich unser Leben in einem enormen Ausmaß verändern. Sei es in den Finanzen, der Partnerschaft, der Familie oder dem Beruf. In all diesen Bereichen halten wir aufgrund unserer Überzeugung, schuldig zu sein, jegliche Fülle von uns fern. Dies verändert weder etwas an unserer Vergangenheit noch hilft es dem Geschädigten. In Wahrheit ist genau das Gegenteil der Fall. Die Fülle und Verantwortung, die Einzug in unser Leben erhält, wird nicht nur für uns, sondern auch für unser Umfeld eine Bereicherung sein. Durch die Integration der Erkenntnisse, die wir aus unseren Fehlern gewonnen haben, sind wir in der Lage, ein besserer Mensch zu sein!
"Nur ein Mensch, der sich selbst erlaubt, zu sein, was er ist, wird die Schönheit, die in ihm liegt, in diese Welt tragen können."

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